Reality & Fantasy

Oftmals werde ich gefragt, um was es denn in meinen Songs geht. Ich finde es immer sehr schwierig, diese Frage zu beantworten. Nicht, weil ich nicht weiss, über was ich meine Songs schreibe. Aber weil ich in jeden Song irgendwie viele Bedeutungen lege. Ich mag es, wenn Leute zu mir kommen und mir ihre Definition und ihre Bedeutung einer meiner Songs erzählen. Es zeigt mir, dass etwas so viele Bedeutungen haben kann. Für jede Person meint es etwas anderes. Und so wird mein Song zu einer Erzählung. Ich erzähle meine Sichtweise, und Leute erzählen mir ähnliche Erfahrungen. Es schafft eine tiefe Verbundenheit mit Musik, mit Menschen, mit der Natur. Und irgendwie geht es in meinen Songs auch genau darum.
Vielleicht habt ihr die Songs meines zweiten Albums gehört. Wenn man genau hinhört, merkt man vielleicht, dass die wenigsten Songs eine klare Geschichte erzählen. Ich versuche den Rahmen einer Geschichte zu erstellen, ich versuche, ein Gefühl zu erzeugen. Die Details, die Personen, die in der Geschichte vorkommen, die Momente, die passiert sind, die will ich jeder Person selber überlassen.
Und irgendwie beschreiben mich meine Songs sehr gut. Meine Songs sind mein Zuhause geworden. Wenn Leute mich auffordern, mich vorzustellen, würde ich ihnen oftmals einfach am liebsten meinen Song Reality & Fantasy vorspielen. Dieser Song beschreibt die Dinge, die mir wichtig sind, er beschreibt die Art, wie ich bin.
Ich mag es, wenn ich Platz habe für meine Kreativität, für meine Art, wie ich Dinge mache. Ich mag es, wenn Dinge nicht schnell passieren, sondern langsam, so dass man sie beobachten und festhalten kann. Ich mag es, mir Dinge vorzustellen, die gerade gar nicht da sind. Ich könnte Stunden damit verbringen, mir Gespräche zwischen Personen vorzustellen, die nie passieren werden. Ich stelle mir an einem belebten, hektischen Ort oftmals vor, wie genau dieser Ort wohl vor 500 Jahren ausgesehen hat, und ich stelle mir vor, wie ich ganz alleine an dieser Stelle stehe. Alle sind weg. Es bleibt nur Stille, es bleibt Natur, es bleibt ich selber.
Mir passiert das meiste einfach viel zu schnell, und manchmal würde ich gerne einen kurzen Moment die Zeit stoppen, oder zumindest verlangsamen. Einfach um mal durchzuatmen, mich umzusehen, mir bewusst werden, dass ich lebe, und nicht nur funktioniere.
Als Kind war es noch einfacher, sich diesen Träumereien hinzugeben, doch wenn man älter wird, lernt man, sich in einer schnellen, hektischen und lauten Welt anzupassen und versuchen sich zurechtzufinden. Aber irgendwie blieb bei mir immer das Gefühl, doch nicht wirklich hineinzupassen. Deshalb ist Reality & Fantasy entstanden. Dieser Song passt sich eben nicht an. Er träumt weiter, er lässt Platz für Kreativität, er lässt Zeit, Dinge langsam geschehen zu lassen und zu beobachten, er lässt Platz, sich Dinge vorzustellen, die gerade gar nicht da sind. Er ist ein Kind geblieben, und irgendwie will ich das auch. Ich weiss, dass ich selber Teil dieser Welt und Teil der Realität bin, aber für Träumer*innen gehören ihre Träume auch zu einem Teil ihrer Realität. Reality & Fantasy ist mein Platz zum Träumen. Und ich hoffe, dass er ein klein wenig auch euer ist.